Danny im Glück.

„Als ich 15 Jahre alt war, prophezeite mir ein Lehrer, dass ich es niemals zu etwas bringen würde“, erinnert sich Danny Lucas. Diese Worte veränderten das Leben des heute 54-Jährigen für immer. Er verlässt die Schule und beginnt im Bauunternehmen seines Vaters zu arbeiten, später übernimmt er es. Morgens um fünf Uhr fängt er an, um sich und seinem Lehrer das Gegenteil zu beweisen, arbeitet viel, liest Motivationsbücher, bildet sich weiter. Was ihn antreibt, sind sein Ehrgeiz und die Leiden­schaft für Mercedes-Benz. „Schon als Sechsjähriger war ich fasziniert von der Marke. Ich saß im geparkten 230.4 (W  115) auf dem Schoß meines Vaters, streckte meinen Kopf über das Lenkrad und erspähte den Stern“, erzählt Danny. 

Enthusiastisch: Zu jedem seiner Oldtimer kann Danny Lucas besondere Geschichten erzählen. Meist hat er auch die passende Broschüre.

Wandschmuck: Im Museum Danz Benz zieren Poster, Plakate und alte Anzeigen die Wände. Zu jedem kann Danny eine Geschichte erzählen.

Die Liebe zur Marke.

Dieser Moment habe ihn beeindruckt und seine Liebe zur Marke entfacht. Wenige Jahre später schreibt er einen Brief an den Firmensitz nach Untertürkheim, lobt „die besten Autos der Welt“ und bittet den schwäbischen Automobil­hersteller um Infomaterialien zur S-Klasse, die sich der Vater gekauft hatte. Die Antwort lässt nicht lange auf sich warten: Danny erhält Broschüren, technische Zeichnungen zum Ausklappen, ein Dankesschreiben für sein Interesse. Er tapeziert die Wände seines Kinderzimmers damit. 

Kurz vor seinem 18. Geburtstag kann sich Danny bereits seinen ersten Mercedes-Benz leisten, einen W 201, außen weizengelb, innen dunkelolive. 

Wie sein Vorbild aus „Dallas“.

„Ich wollte das Unternehmen meines Vaters zu einem Imperium ausbauen und Mercedes-Benz fahren. Wie mein Vorbild J. R. Ewing aus der US-amerikanischen Fernsehserie ‚Dallas‘“, sagt der gebürtige Brite aus der Grafschaft Kent im Südosten Englands. Der Eurotunnel verbindet seine Heimat mit Frankreich, bei bestem Wetter ist das Nachbarland von den Kreidefelsen in Dover aus sichtbar. „Schon in jungen Jahren symbolisierte Mercedes-Benz für mich Erfolg“, erzählt der zweifache Vater, dem der Enthusiasmus für die Marke nach der Trennung seiner Eltern stets Stabilität und Beständigkeit vermittelte. „Nach dem Kauf meines ersten Benz hätte ich vor Stolz platzen können. Ich habe ihn jeden Tag geputzt, kein Staubkorn durfte anhaften.“

Danny sagt, dass er dem Stern stets folgte, dass dieser ihm eine Art Anker im Leben bot. Vor Kurzem eröffnete er sein privates Automuseum „Danz Benz – The Benz or Nothing“. Die Räumlichkeiten des Museums, dessen Name eine spielerische Ableitung seines eigenen Vornamens ist, bestechen durch ganz besondere Liebe zum Detail. Jede Nische, jede Ablagemöglichkeit, jeder Deckenspot ist durchdacht. Der Besuch dort fühlt sich an wie in einem Boutique-Hotel mit Themen­zimmern.

Jedes Fahrzeug bekommt genau den Platz, den es braucht, um zu wirken und seine Geschichte gebührend zu erzählen. In unmittelbarer Nähe eines Modells befinden sich Devotionalien, Archivmaterialien und Literatur. Danny verwandelt sich an diesem Ort, seine Erzählungen ziehen einen in den Bann. Es ist, als würde er zu jedem Fahrzeug eine Liebesgeschichte schildern. Wer Zeit mit ihm verbringt, bekommt schnell das Gefühl, dass kein Traum im Leben unerreichbar ist. Dass alles machbar ist, mit der richtigen Ein­stellung, Fleiß und Glück. Beim Thema Glück erinnert sich der Unternehmer an einen Urlaub mit seinem Vater.

„Als ich ein Teenager war, besuchten wir das damalige Mercedes-Benz Museum in Stuttgart-Untertürkheim. Mein Vater hatte sich kurz zuvor die neue S-Klasse gekauft und ich habe zum ersten Mal in meinem Leben einen 190er gesehen. Diese ‚Baby S-Klasse‘ ist vor uns gefahren und hat mich in ihren Bann gezogen.“ Wie ein Duett habe es sich angefühlt, Danny versucht, den Flow mit Handbewegungen nachzuahmen. „Mein Weg zur S-Klasse führte mich vom ‚Baby-Benz‘ zur C-Klasse und anschließend zur Mittleren Klasse. Der 230 E (W  124) hatte nur einen Scheibenwischer, das hat mich fasziniert und an ein Raumschiff erinnert. Einfach genial.“

Dorfleben: Die sogenannte Dad Route führt Danny und seinen 450 SEL in magnetitblau metallic durch viele kleine Orte.

Zeitreise mit zwei Design-Ikonen.

Wir dürfen uns zwei Fahrzeuge aussuchen, mit denen er uns seine Lieblingsstraßen zeigt. Die Entscheidung fällt auf die Modelle 450 SEL (W  116) und 300 SEL 3.5 (W  109). Danny runzelt die Stirn, als er nach draußen blickt. Ob uns der Regen etwas ausmachen würde. Wir sind in Großbritannien – also nein, lieber Danny Lucas. Zuerst folgen wir ihm auf seiner sogenannten Dad Route, der Strecke, die er mit seiner Tochter Holly, 17, und seinem Sohn Jacob, 20, gerne am Sonntag­nachmittag fährt. Während er die erhaben anmutende 450 SEL Limousine in magnetitblau metallic über die schmalen Straßen pilotiert, schwärmt er von seiner Familie, von Verbundenheit und Vertrauen.

Davon, dass ihn jede Kurve, jedes Haus und jeder Baum am Straßenrand an seine Familie erinnert. Die Scheidung seiner eigenen Eltern vor knapp 40 Jahren hat ihn schwer getroffen und mit dazu geführt, dass er sich in der Schule nicht mehr angestrengt hat. Danny ist ehrlich und offen, bei allen traurigen Episoden seines Lebens war es immer wieder die Liebe zur Marke Mercedes-Benz, die ihn anspornte, nach vorne zu blicken. 

Eine Premiere.

Er setzt den Blinker links und parkt, Zeit für dieselbe Route mit dem 300 SEL 3.5. Premiere für ihn, mit beiden Autos war er noch nie an einem Tag unterwegs. Es ist wie eine Zeitreise für ihn, Siebzigerjahre versus Sechzigerjahre, Design-Ikone versus Design-Ikone. „Der Charme dieser beiden alten S-Klassen ist nicht in Worte zu fassen, ich kann überhaupt nicht aufhören, die beiden Autos anzusehen“, schwärmt Danny.

„Egal wie lange ich sie nicht gefahren bin, wenn ich mich reinsetze und den Schlüssel umdrehe, funktionieren sie.“ Er läuft ein paar Schritte zurück und betrachtet seine Schätze, blickt nach unten auf die nasse Straße, in der sich die beiden Modelle widerspiegeln. „Die beiden Fahrzeuge haben mehrere Jahrzehnte überstanden, was sollte mir jemals mit ihnen passieren?“, fragt er rhetorisch. Die Qualität sei unglaublich, beide Modelle waren die Flaggschiffe des Unternehmens und die beste Wahl, die er nur treffen konnte. 

Glück im Cockpit: Danny träumte schon immer von der Marke mit dem Stern. Seine Passion ist schon längst ins Unermessliche gewachsen.

Innehalten: Wer ein bisschen Zeit mit Danny verbringt, der ist sich sicher, dass jeder Traum realisiert werden kann.

Stolzer Besitzer.

Danny ist stolzer Besitzer von 25 Mercedes-Benz. Nicht alle stehen in seinem Museum, zwei sind als Markenbotschafter für sein Unternehmen im Einsatz, andere sind Daily Driver.

Die Zeit im Home­office im Jahr 2020 hat ihn dazu angespornt, weitere Erinnerungsstücke zu seinen Modellen zu finden. Und so kontaktierte er unter anderem zwei Deutsche, kaufte Bücher aus den 1920er-Jahren, Broschüren, Badges, technische Zeichnungen, Weihnachtskugeln. „Ich habe viele Schätze erstanden und zu Hause eingelagert.“ Die Idee zu einem eigenen Museum kam ihm eines Tages, als er das Gefühl hatte, zwischen seinen Autos und den dazu passenden Materialien einen Graben zu spüren.

„Es war, als wäre die Verbindung weg. Zu Hause stapelten sich Broschüren und Bilder – anderswo standen meine Autos unter Schutzabdeckungen aus Stoff“, sagt Danny, der Ende 2020 mit dem Innenausbau des ehemaligen Lagerraums begonnen hat. Als im Frühjahr der in China bestellte Autolift endlich geliefert wurde, war Danz Benz kurze Zeit später fertig. 

Die Evolution ist spürbar.

Danny lenkt den 450 SEL Richtung Farningham. Ein Dörfchen mit schmalen Brücken und engen Gassen, einige Fußgänger strecken ihre Daumen nach oben und bestätigen sein Gefühl, ein besonderes Auto zu fahren. „Die Evolution vom 300 SEL 3.5 bis zu dieser S-Klasse der 1970er-Jahre ist unglaublich, beide Fahrzeuge sind für mich heute noch perfekt – und doch lässt sich ein Mehr an Komfort spüren“, fasst Danny zusammen. Er fühle sich im Moment, als würde er die Penny Lane in Liverpool entlangcruisen, er lacht und spricht kurz von den Beatles. 

Die Landstraßen führen nach Eynsford. Im Zentrum des Dorfs ist eine Furt über den Fluss; wenn der Wasserstand niedrig ist, fahren die Autos durch das Wasser, erklärt Danny. Er lotst uns weiter nach Plaxtol, einem Ort mit Wassermühlen, einer beeindruckenden Kirche und schönen Landhäusern. Es ist wie in einer Filmkulisse aus der Vergangenheit unterwegs zu sein, überall spiegeln sich die Autos in Pfützen wider, kein Mensch weit und breit, Danny völlig im Glück von der Perfektion seiner Oldtimer. 

Familiär: Gattin Debbie und beide Kinder teilen die Leidenschaft von Danny für die Marke Mercedes-Benz.

Bei Danny zuhause.

Die Sonne schiebt so langsam die Regenwolken aus dem Weg. Wir fahren zu Danny nach Hause, die Kinder spielen Tischtennis im Garten. Gattin Debbie, 55, war gerade mit Woody beim Friseur. Der siebenjährige Cockerpoo ist ein Hybrid aus Pudel und Englischem Cocker Spaniel, liebenswert und klug. Sohn Jacob erzählt uns vom Ausflug mit seinem Vater zur Inter­nationalen Automobil-Ausstellung (IAA) nach Frankfurt am Main im Jahr 2019. „Kurz bevor wir nach Deutschland geflogen sind, hat mein Vater einen blau-weißen Servicewagen von Mercedes-Benz in einer bevor­stehenden Auktion entdeckt. Er gab ein Gebot ab und schlenderte Tage später mit mir über die Ausstellung. Dann klingelte sein Telefon – er hatte den Zuschlag erhalten“, erinnert sich Jacob. 

Vergrößerung der Sammlung.

Bis März 2020 ver­größerte er seine Sammlung auf zehn Autos. „Ein Freund von mir fotografierte die Fahrzeuge und meinte, dass ich mir unbedingt noch zwei kaufen sollte, dann könne man einen Kalender daraus machen“, sagt der Chef von mittlerweile mehr als 100 Mitarbeitern.

In den folgenden zwölf Monaten sollten noch 15 weitere Klassiker folgen. Alle Mercedes-Benz, die er früher besessen hat, verkaufte er stets für das nächste Modell. Erst vor zwei Jahren begann er zu sammeln.

Familienzeit: Mit seinen Kindern Jacob und Holly fährt Danny gerne sonntags die sogenannte Dad Route.

Spaziergang: Ein Ausflug mit seinem Hund Woody ist für Danny das Beste zum Abschalten nach einem langen Arbeitstag.

Immer in guter Gesellschaft.

„Mercedes-Benz ist für mich wie ein Partner fürs Leben. Wenn ich über die Gründer lese, dann fühlt es sich an, als wäre ich ein kleiner Teil einer unglaub­lichen Reise. Die Marke inspiriert mich ungemein. Und jedes Mal, wenn mir Zeitzeugen Anekdoten über meine Fahrzeuge erzählen, kann ich mein Glück kaum fassen“, erzählt Danny, der sich für seine Sammlung noch einen 300 SL „Flügeltürer“ wünscht. „Noch ist das natürlich ein Traumauto, aber mein Motto lautet: Wenn man Träume nicht realisiert, werden sie nie wahr.“ Passend dazu hat der Brite vor einigen Jahren ein Buch geschrieben: „Get The Tin Out and Paint The World“, sinngemäß ein Buch darüber, dass man die Welt verändern kann, wenn man nur damit anfängt.

Die richtige Einstellung.

Wenn er seine Klassiker an den Wochenenden aus dem Museum holt und die Dad Route damit fährt, freut er sich über jeden Mercedes-Benz, der ihm entgegenkommt. „Mit einem alten Benz ist man immer in guter Gesellschaft“, sagt er. Deshalb ist er auch stolzes Mitglied des Mercedes-Benz Club Ltd. United Kingdom. Aktuell wünscht er sich, mit seinem 420 SEC (C  126) von 1989 nach Baden-Württemberg zu fahren, Design-Legende Bruno Sacco zu besuchen und ihn die Sonnenblende signieren zu lassen. „Der SEC ist eine Stilikone seiner Ära. Eine Form, die aus jedem Winkel einfach nur perfekt ist“, schwärmt Danny. Da er an seine Träume und Wünsche glaubt, dürfen wir diesen hier auch verraten. Auch, wenn er ihn selbst für sehr unwahrscheinlich hält. Aber er hat schon einmal vielen Menschen gezeigt, dass alles machbar ist. Mit der richtigen Einstellung, Fleiß und Glück.

Weihnachtsschmuck: Ein wahrer Sammler freut sich über alles, was ihn an die Marke seines Herzens erinnert. Auch über Christbaumkugeln.