Das Eifelrennen ist der erste Einsatz der neuen Formel-Rennwagen W 25. Mit ihnen steigt Mercedes-Benz in die 1934 neu reglementierte Grand-Prix-Formel ein. Sie beschränkt das Fahrzeuggewicht auf 750 Kilogramm (ohne Betriebsstoffe und Reifen). Beim Wiegen am Vortag sollen die W 25 aber ein Kilogramm zu schwer gewesen sein. Die Legende, dass in der Nacht vor dem Rennen zur Gewichtsersparnis der Lack abgeschliffen wurde, ist um die Welt gegangen. Bestätigen lässt sie sich bis heute nicht – ebenso wenig widerlegen. Sie beruht auf Erzählungen der Beteiligten. Fakt ist: Zwei W 25 starten am 3. Juni im Farbton der Aluminiumkarosserie statt in der gewohnten deutschen Rennfarbe Weiß. Manfred von Brauchitsch gelingt ein Start-Ziel-Sieg.
Manfred von Brauchitsch ist seit 1934 Werksrennfahrer und gilt als Pechvogel des Rennstalls. Die drei Buchstaben DNF (did not finish) stehen so oft in den Ergebnislisten der Grand-Prix-Rennen, dass man meinen könnte, sie seien ein Namensbestandteil. Doch es ist nicht alleine Pech. Von Brauchitsch strapaziert Motoren und Reifen, scheut kein Risiko. Heute allerdings trifft ihn keine Schuld: Weil die Dreiliter-Kompressormotoren der für 1938 neu entwickelten W 154 Unmengen an Kraftstoff verbrauchen, müssen die Fahrer oft tanken. Beim zweiten Stopp läuft der Tank über, und der Sprit entzündet sich beim Starten des Motors. Das Feuer ist rasch gelöscht, von Brauchitsch fährt weiter – eine Runde lang. Dann scheidet er nach einem Unfall aus. Das Pech ist ihm treu.
Die Rennen auf der 1921 gebauten Berliner AVUS sind Spektakel, die Hunderttausende Zuschauer anziehen. In diesem Jahr wird erstmals die neue Steilkurve am nördlichen Ende des Hochgeschwindigkeitskurses befahren. Getoppt wird die atemberaubende Kurve nur durch die Stromlinienwagen, die Auto Union (im Bild vorn) und Mercedes-Benz erstmals an den Start bringen. Wie gigantische Manta-Rochen ziehen die PS-Monster lärmend ihre Bahn.
Mercedes-Benz tritt im formelfreien Rennen mit drei Stromlinienwagen an, zwei davon auf Basis des neuen W 125 und ein W 25 mit dem rund 600 PS starken V12-Motor des Rekordwagens von 1936. Das Rennen ist das bisher schnellste der Welt, Sieger wird Hermann Lang im W 125 mit einem Durchschnittstempo von 261,7 km/h.
Libyen ist seit 1934 italienische Kolonie. Ein Jahr zuvor ist die neue Grand-Prix-Strecke am Mellaha-Salzsee gebaut worden, eine der modernsten und schnellsten ihrer Zeit. Die Tribüne gegenüber dem Turm der Rennleitung hat Platz für 10 000 Zuschauer. Es ist ein heißer Tag, Flugsand weht über die Strecke, macht sie gefährlich rutschig und gerät auch in die Motorräume. Das Publikum sähe am liebsten einen italienischen Sieg. Da die deutschen Marken den Rennsport dominieren, ruhen seine Hoffnungen auf zwei Fahrern: Achille Varzi (Auto Union) und Luigi Fagioli (Mercedes-Benz). Am Ende steht aber wieder einmal der kommende Europameister ganz oben: Rudolf Caracciola siegt nach 502 Rennkilometern mit Durchschnittstempo 121 km/h vor den beiden Italienern.
Am Anfang steht eine Idee: etwas ganz Neues, ganz Anderes zu machen. Jan Rambousek und Petr Milerski leiten eine erfolgreiche Werbeagentur in Prag. Rambousek ist Experte für Kreation und Fotografie, Milerski ist auf Bildbearbeitung und CGI (Computer generated imagery) spezialisiert, also das Erzeugen von virtuellen Bildern am Rechner. Das Neue: eine Kunstform zu entwickeln, die extrem realistisch erscheint, ohne auszusehen wie Fotografie. Das Andere: „Wir wollten unser Projekt ohne Zeitdruck entwickeln, ohne Auftrag von Kunden, die das Ergebnis beeinflussen“, erzählt Jan Rambousek.
Wieso nicht Rennsportszenen generieren? „Unsere Agentur hatte viele Aufträge der Automobilindustrie, wir wussten, wie man mit Autos arbeitet. Motorsport ist sexy, voller Geschichten, dramatisch“, sagt Petr Milerski. Das Projekt wurde konkret: Die beiden wollten Szenen einfangen, die legendär sind, aber so nie fotografiert wurden. Und Situationen, die eine Fotografie nicht abbilden kann.
Um die Rennsportmotive episch wirken zu lassen, wählten sie ein extremes Format: fast doppelt so breit wie hoch. Die im Classic Magazin gezeigten Szenen sind deshalb an den Rändern etwas beschnitten. „Es war vielleicht nicht die klügste Idee, uns gleich die Silberpfeil-Motive vorzunehmen“, sagt Jan Rambousek lächelnd. Recherche, Inszenierung und Realisierung der ersten zwölf Motive, zunächst als Kalender geplant, nahmen drei Jahre in Anspruch. „Doch das Ergebnis war so begeisternd, dass wir wussten: Das ist es!“
Alle Fahrzeuge und Gebäude der Szenen wurden am Rechner dreidimensional rekonstruiert, der Fachbegriff lautet rendern. Die Großaufnahmen von Personen wurden mit Statisten fotografiert und am Rechner bearbeitet. „Wir waren absolut detailversessen. Für den Feuerunfall von Brauchitschs haben wir lange nach einer Rennbrille gesucht, die dem Original exakt entsprach“, sagt Petr Milerski.
Ihre Werbeagentur haben die beiden mittlerweile aufgegeben und vertreiben ihre Kunst unter der Marke Unique & Limited. Dritte im Team ist dort Isabell Mayrhofer, die sich um Ausstellungen kümmert. Der nun bei Delius Klasing in deutscher Sprache erschienene Bildband zeigt 21 legendäre Rennszenen, die so noch nie zu sehen waren. Darunter die zwölf Silberpfeil-Motive, mit denen alles begann. Der englische Originaltitel des Buchs von Unique & Limited lautet übrigens: „When Sex was safe and Motor Racing bloody dangerous“.
Die Rennstrecke nahe Tripolis existiert längst nicht mehr. Bei der Rekonstruktion war hilfreich, dass einige frühe Farbfotografien von einem späteren Rennen gemacht worden sind. Der Turm der Rennleitung und das Tribünendach sind am Computer entstanden. Hinter dem Pärchen am rechten Bildrand haben die Künstler ein Lotterieplakat ins Bild montiert. Der Große Preis von Tripolis war verbunden mit einer Lotterie; jedem Rennfahrer war eine Losnummer zugeordnet. Wer die Losnummer des Siegfahrers gezogen hatte, hatte gewonnen.
Die Menschen im Hintergrund sind computergeneriert, die im Vordergrund fotografiert. „Beim Fototermin im Studio das richtige Licht zu treffen, war nicht leicht. Das Rennen wurde an einem wolkenlosen Tag um 15 Uhr gestartet, die Zuschauer stehen unterdem Dach im Schatten. Requisiten und Bekleidung sollten wie immer perfekt sein“, erinnert sich Jan Rambousek. Auch die Palme im Vordergrund basiert auf einem Foto, während der Horizont am Rechner entstanden ist.
Von diesem Vorfall gibt es etliche Fotografien und sogar eine Filmsequenz, die zeigt, wie der Wagen und sein Fahrer Feuer fangen. Anhand dieser Quellen konnten Boxengasse und Werbetafeln exakt nachempfunden werden. Ebenso die in den Boxen gelagerten Räder und die Position der Werkzeugkisten. Für die Bekleidung und Ausstattung der Personen im Bild haben die Künstler mit einem Prager Filmstudio zusammengearbeitet. „Weil in Tschechien schon so viele historische Filme gedreht wurden, ist das Studio gut mit entsprechenden Requisiten ausgestattet“, sagt Jan Rambousek.
Schwierig allerdings war es, die exakt richtigen Fahrerhelme und -brillen zu finden. Nach einer Brille, die wie jene von Brauchitschs eine kleine Stellschraube in der Mitte hat, wurde lange gesucht. Auch die authentische Abbildung des Reifenprofils war eine Herausforderung. Der Anspruch war, die Reifen des W 154 genau so abgenutzt erscheinen zu lassen, wie sie es im Original nach einigen Rennrunden waren.