Die 1970er-Jahre, das waren Flokatiteppiche, Tapeten in psychedelischen Mustern und Farben, bunte Klamotten und Prilblumen auf Küchenfliesen. Die 1970er waren auch die Ära zweier Mercedes-Benz Baureihen, die Verkaufsrekorde schrieben: Die E-Klasse-Vorgängerbaureihen W 114/W 115 (auch als Strich-Acht bekannt geworden) und W 123. Der W 123 löste 1975 die „Strich-Achter“ ab.
Vom Lebensstil der 1970er ist oft die Rede, sehen und fühlen kann man ihn allerdings kaum noch. Außer im Parkhotel 1970 in der Odenwaldstadt Michelstadt. Dort hat sich ein Hotel im authentischen Stil der Zeit erhalten und wurde vor einigen Jahren wiedereröffnet. Zuvor hatte das einstige Kur- und Urlaubshotel fast 20 Jahre in einem Dornröschenschlaf gelegen.
Gewiss war nicht alles golden, was in der Rückschau auf diese Dekade glänzt. Dennoch bleibt die Ära als eine Zeit wirtschaftlicher Sorglosigkeit, von Hippie-Mode und Easy-Listening-Musik, der Olympischen Sommerspiele 1972 in München und der Fußball-Weltmeisterschaft 1974 in Deutschland im Gedächtnis. Das Model Alea Kay Wiles, unterstützt von den Stylisten Alexander Hofmann und Gina Pieper, sowie der byzanzgolden lackierte Mercedes-Benz 280 CE von 1972 lassen diese Stimmung wieder aufleben.
Auch die Marke Mercedes-Benz spürte in den Siebzigern Rückenwind. Die Oberklasse-Limousinen und die SL-Modelle polierten den Stern; die Modelle der Mittleren Mercedes-Benz Klasse, heute E-Klasse, sorgten für die Rendite. Als die Produktion der Strich-Achter 1976 endete, waren fast zwei Millionen Fahrzeuge dieser Baureihen von den Bändern gelaufen. Die nachfolgende Baureihe W 123 sollte diesen Erfolg sogar noch toppen.
Fotograf Benjamin Pichelmann war nicht zum ersten Mal im Parkhotel 1970. Zwei Jahre zuvor hatte er hier einer Mode-Fotografin bei einem Magazin-Shooting assistiert. Seither hatte er die Location im Kopf, um auch einmal Automobile in diesem Umfeld zu portraitieren. Für das Classic Magazin hatte er nun die gewünschte Gelegenheit, Retro-Mode und Mercedes-Benz Klassiker gemeinsam in Bilder zu bringen.
Auf diesem Bild ist alles echt und fast alles authentisch. Die Lobby des Parkhotels präsentiert sich im Originalzustand der Eröffnung, auch der S 123 im Hintergrund ist so erhalten, wie er seinerzeit vom Fließband lief. Model Alea kennt die 1970er-Jahre allenfalls aus den Erzählungen ihrer Eltern, und die von ihr getragene Mode stammt aus aktuellen Kollektionen im angesagten Retro-Trend.
Beheizte Schwimmhallen waren in den Siebzigern das Nonplusultra der Freizeitkultur – auch im Parkhotel. Für die letzten Einstellungen des Foto-Tages wollte sich Benjamin Pichelmann diese Gelegenheit nicht entgehen lassen. Er hätte auch vom Beckenrand aus fotografieren können, doch die Bilder im Kopf ließen ihn lieber selbst ins Wasser steigen.
In einem Badeanzug wie diesem wäre eine Pool-Benutzerin auch in den 1970er-Jahren in Mode gewesen. Bikinis indes hatten damals dem Einteiler längst den Rang abgelaufen, und ganz Mutige trugen ihre Bademoden oben ohne …