Jan Sentyrz aus Krakau und sein deutscher Freund Hans Peter Barthel sind im Südwesten Polens unterwegs. Ihr treuer Reisebegleiter: Jans fast 50 Jahre alter Mercedes-Benz 230 SL, Baujahr 1967. „Ich hatte das Modell vor Jahrzehnten in einem Automagazin gesehen und lang davon geträumt, eines Tages diesen Sportwagen zu besitzen,“ sagt Jan Sentyrz. Schließlich hat er in den USA eine passende Pagode gefunden. Nun ist der komplett restaurierte Roadster das perfekte Reiseauto auf dem Weg zu Herrenhäusern und Residenzen.
Der blaue 230 SL passt perfekt in die romantische Landschaft des Hirschberger Tals. Es geht vorbei an Feldern, übersät mit rotem Klatschmohn und Roggen, und durch dicht bewachsene Alleen. Auf Jan Sentyrz Beifahrersitz: Elisabeth von Küster. Sie kam vor 25 Jahren aus Berlin ins Hirschberger Tal und kämpft um die Erhaltung der Region: „Wer all diese Dornröschenschlösser wieder zum Leben erwecken möchte, muss ziemlich romantisch veranlagt sein. Und ziemlich verrückt.“
Verrückt ist demnach auch Piotr Napierala. Er hat im kleinen Ort Wojanów eine Ruine gekauft und liebevoll restauriert. Das Schloss war 1825 ein Hochzeitsgeschenk von Preußenkönig Friedrich Wilhelm III. an seine Tochter Luise gewesen. Bauunternehmer Napierala hat es zum Kongresshotel saniert, das mit seinen Türmchen, Springbrunnen und dem feuerroten Dach noch immer wie ein Prinzessinnenschloss wirkt. Eigentlich ist Piotr Napierala ein kühl kalkulierender Geschäftsmann aus Breslau, doch dieses war sein millionenschweres Herzensprojekt.
Elisabeth von Küster genießt den Roadtrip in der blauen Pagode. Auch wenn der Fahrtwind ähnlich kalt sein dürfte wie die Nächte in ihrem Schloss. Ihre Hotelgäste haben es wohlig warm im restaurierten Herrenhaus – sie selbst schläft ohne Heizung in den Räumen des Schlosses, das sie restaurierte. Aber nicht nur die Gebäude sind sehenswert: Auch der Schlosspark ist eine Reise wert. Sichtachsen geben den Blick frei auf das Weiß der Sniezka: Im Deutschen ist der 1603 Meter hohe Berg als Schneekoppe bekannt.
Das Ziel der Reise von Jan Sentyrz und Hans Peter Barthel: Breslau. Hier treffen sich Kulturliebhaber und Hipster. Von den 600.000 Menschen, die in der viertgrößten Stadt Polens leben, sind 140.000 Studenten. In Straßencafés und Kneipen treffen sich Jung und Alt – die Altstadt ist Bühne für Künstler und Flaneure. Architektur-Fachleute sind vom Rathaus aus dem 13. Jahrhundert begeistert – Bierkenner vom Keller des Gebäudes, wo seit 700 Jahren ausgeschenkt wird.
Im idyllischen Landschaftspark an der Bober liegt das verträumte Hotel Schloss Lomnitz (Lomnica) unweit von Hirschberg (Jelenia Gora). In den nur zwölf Zimmern werden Besucher ebenso individuell umsorgt wie im Restaurant, das schlesische Spezialitäten serviert. Das Doppelzimmer mit Frühstück gibt es ab 60 Euro.
Nur 20 Autominuten von Breslau entfernt liegt das romantische Wellness- und Konferenzhotel. Schloss Topacz. Die historische Substanz der Schlossanlage wurde in ein Vier-Sterne-Hotel verwandelt. Außerdem auf dem Areal zu finden: Eine Oldtimer-Sammlung in einer umgebauten Scheune, darunter viele polnische Klassiker.