Der Strich-Acht prägt eine ganze Generation.

„Anfang 1968 trat der ,Strich-Acht‘ erstmals in der Öffentlichkeit auf. Im Laufe seiner Karriere prägte er aufgrund seiner herausragenden Qualitäten eine ganze Auto-Generation. Inzwischen gilt er als etablierter Klassiker.“ So leitet Fachautor Thomas Wirth in Ausgabe 3/2015 des Mercedes-Benz Classic Magazins seine große Kaufberatung über die Strich-Acht-Limousinen ein. Die Bezeichnung „Strich-Acht“ rührt vom offiziellen Premierenjahr 1968 her.

Stückzahl- und häufig Laufleistungs-Millionär.

Die Produktion der Vorserienmodelle läuft allerdings schon im Herbst 1967 an. Insgesamt werden rund 1,9 Millionen Strich-Achter hergestellt. Als im Januar 1976 die Nachfolge-Baureihe W 123 präsentiert wird, lässt Daimler-Benz die Bänder sogar noch bis Dezember 1976 weiterlaufen, so dass beide Baureihen fast ein Jahr lang parallel produziert werden – nicht zuletzt auf Wunsch der Taxiunternehmen, welche die robusten Strich-Acht-Dieselversionen nicht missen möchten.

Die Variantenvielfalt ist groß.

Die Fertigung der Typen 250 bis 280 E und der Coupés endet dagegen bereits im Zeitraum zwischen Juni und September 1976. Neben den Standardlimousinen und den Coupés bietet Mercedes-Benz von den Modellen 230 sowie 220/240 D auch Achtsitzer-Limousinen mit einem um 650 Millimeter verlängerten Radstand und drei Sitzreihen an. Diese Karosserievariante wird Ende 1968 präsentiert und bringt es im Laufe der Bauzeit des Strich-Acht auf eine Stückzahl von fast 10.000 Exemplaren.

Spezialität: Fahrgestelle für Sonderaufbauten.

Die Achtsitzer-Limousinen werden nicht nur von Taxiunternehmen, sondern auch von Behörden in aller Welt eingesetzt – und zwar überwiegend mit Dieselmotor: Bei über drei Vierteln dieser Versionen sorgt ein Selbstzünder für Vortrieb. Eine weitere Einnahmequelle bilden Limousinen- und Langlimousinen-Fahrgestelle mit Teilkarosserie, die an Spezialfirmen geliefert werden. Die Experten komplettieren sie anschließend vor allem zu Kranken- und Bestattungswagen sowie Kombis.

Die Coupés sind begehrte Sammlerstücke.

Bei heutigen Sammlern besonders begehrt sind die Strich-Acht-Coupés – die ersten Coupés von Mercedes-Benz in der gehobenen Mittelkasse. Sie werden im November 1968 der Presse vorgestellt. Zunächst sind die Modelle 250 C (130 PS) und 250 CE (150 PS) lieferbar, gefolgt von 280 C und CE im April 1972 (160/185 PS). Der 280 C löst ab diesem Zeitpunkt den 250 CE ab, während der 250 C weiterhin im Programm bleibt – allerdings mit dem gedrosselten 2,8-Liter-Motor aus dem 280 S (W 108), der in der Exportversion für Nordamerika bereits seit 1969 zum Einsatz kommt (130 PS).

Einspritzung mit elektronischer Steuerung.

Der dem Coupé vorbehaltene 2,5-Liter-Einspritzmotor ist das erste Serienaggregat von Mercedes-Benz, in dem eine elektronisch gesteuerte Kraftstoffeinspritzung (Bosch D-Jetronic) zum Einsatz kommt. Was die technische Basis und den Radstand von 2750 Millimetern betrifft, sind Coupé und Limousine identisch. Allerdings hat der Zweitürer eine flachere Frontscheibe, keine B-Säule und ein um 45 Millimeter niedrigeres Dach. Seine Seitenscheiben sind rahmenlos und voll versenkbar. Die hintere Stoßstange reicht über die Heckkotflügel bis zu den Radausschnitten.

Bestnoten bei Fahrdynamik und Sicherheit.

Ein technischer Meilenstein ist die neue Diagonal-Pendelachse hinten, die den Strich-Acht nicht nur deutlich fahrdynamischer macht als seine Vorgänger, sondern auch sicherer. Dazu tragen auch die Scheibenbremsen an allen vier Rädern bei. Wie die Limousinen kommen auch die Coupés 1973 in den Genuss einer umfangreichen Modellpflege.

Augenfällig sind zum Beispiel die profilierten Rückleuchten oder der niedrigere und breitere Kühlergrill sowie die neuen Rückspiegel. Zahlreiche weitere Verbesserungen fließen in die Serienproduktion ein.

Per Unterdruck arretierte Sitzlehnen.

Auch Luxus wird bei den Coupés im Vergleich zu den Strich-Acht-Limousinen noch größer geschrieben. So verfügen sie zum Beispiel über eine umfangreichere Teppichauskleidung. Technischer Clou: Die Lehnen der Vordersitze werden per Unterdruck arretiert. Sind die Türen geschlossen und der Motor läuft, können sie nicht nach vorne geklappt werden. Wird jedoch eine Tür geöffnet oder der Motor abgestellt, ist die Blockade aufgehoben. Per Hand können die Lehnen über einen Druckknopf in der hinteren Seitenverkleidung entriegelt werden.

Ein Star auf den Exportmärkten.

Je nach Version beträgt der Mehrpreis eines Coupés gegenüber einer Strich-Acht-Limousine bis zu 3000 D-Mark. Dafür bekommen Käufer auch einen größeren Kofferraum, der rund 500 Liter fasst. Gemeinsam ist beiden die seriöse Eleganz, die sie dem damaligen Mercedes-Benz Stilisten Paul Bracq verdanken, der von Bruno Sacco unterstützt wird. Über 67.000 Coupé-Käufer können sich bis August 1976 für dieses Design begeistern, vor allem im Ausland: Mehr als 60 Prozent der Produktion fließen in Exportmärkte.

Augen auf beim Kauf.

Wer heute mit einem Strich-Acht-Coupé liebäugelt, sollte vor allem die Karosserie unter die Lupe nehmen. Von den Schiebedach-Kanten bis zu Quer- und Längsträgern kann Rost ein Thema sein. Vor allem die Übergänge von den Türen zu den hinteren Seitenteilen gelten als kritisch, gerade am unteren Abschluss. Auch hinter den Chromblenden an der C-Säule können sich Rostnester verstecken. Ebenfalls wichtig: eine gut erhaltene Innenausstattung. Die Technik ist dagegen robust. Laufleistungen von etlichen hunderttausend Kilometern sind keine Seltenheit.

Gute Strich-Acht-Coupés sind selten.

Sehr gute, im besten Fall scheckheftgepflegte Strich-Acht-Coupés mit komplett dokumentierter Historie und niedriger Laufleistung kosten in der Regel über 15.000 Euro. Wer Abstriche macht, jedoch auf eine solide Substanz Wert legt, kann mit Preisen um 10.000 Euro kalkulieren. Allerdings sind gute Exemplare immer seltener auf dem Markt zu finden. Interessenten müssen neben Geld also vor allem Geduld mitbringen.

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