Li Na tritt lächelnd ans Fenster im 54. Stock des Westin Hotels, mitten im quirligen Zentrum Chongqings. Sie kommt mit ihrer Familie gerade aus dem Urlaub von der Tropeninsel Hainan und hat heute gleich ein doppeltes Rendezvous: mit Chongqing und einem brillantblauen Mercedes-Benz GLC. Mit einem Händeklatschen verabschiedet sie sich von ihrem Ehemann und den beiden Kindern, die mit dem Fahrstuhl bis ganz nach oben mitgefahren sind, um den Pool in luftiger Höhe zu bestaunen. „Tschüss“, sagt Li Na auf Chinesisch. „Mama muss arbeiten.“
Li Na, Mercedes-Benz Markenbotschafterin, hat Tennis in China populär gemacht.
Mit sechs Jahren begann Superstar Li Na regelmäßig zu trainieren: erst Badminton, dann Tennis.
Die 36-Jährige war früher im Damentennis die Nummer Zwei der Weltrangliste, siegte 2011 bei den French Open und 2014 bei den Australian Open. Das Time-Magazin nahm sie in die Liste der 100 weltweit einflussreichsten Frauen auf – weil sie den Sport in ganz Asien populär gemacht hat.
Gerade wird ein Kinofilm vorbereitet, der ihren Aufstieg zur Tennisikone nachzeichnet. In China gilt sie längst als Superstar.
Vom 54. Stock hat man einen atemberaubenden Blick auf die Stadt. Auf Skylines, Brücken, den Jangtse-Fluss. Li Na ist in der Millionenmetropole Wuhan aufgewachsen und lebt in der Hauptstadt Peking, in Chongqing war sie vorher noch nie. „Wissen Sie, dass der Name der Stadt übersetzt ‚Doppelte Freude‘ bedeutet? Wir werden heute sicher einen schönen Tag miteinander verbringen.“ Zum Glück soll es nicht so heiß werden. Nur 38 Grad. Wegen der Hitze im Sommer wird Chongqing auch „Ofenstadt“ genannt. Sie umrundet neugierig den fabrikneuen Wagen, den es in China auch bald als Langversion geben wird. Bevor es losgeht, streift Li Na ihre Stöckelschuhe ab und tauscht sie gegen Schuhe ein, mit denen sie sicher fahren kann.
Chongqing: Die Riesenmetropole am Zusammenfluss von Jangtse und Jialing ist mit 38 Millionen Einwohnern und einer Gesamtfläche von der Größe Österreichs die bevölkerungsreichste Region der Welt. Im Herzen Chinas, an der alten Seidenstraße gelegen, verzeichnet sie jährliche Wachstumsraten von über zehn Prozent – einer der stärksten Wirtschaftsmotoren Chinas. Das asiatische Silicon Valley, es entsteht hier. Nirgendwo sonst werden mehr Autos gebaut – 2016 über drei Millionen. Jeder zweite weltweit verkaufte Laptop stammt aus der Boomtown, die täglich um 6.000 Einwohner wächst.
Vorne moderner Luxus, hinten große Freiheit – das ist der GLC.
Die Sonderwirtschaftszone, vor gut 20 Jahren direkt der Staatsregierung unterstellt, besitzt nicht nur eine City mit imposanter Skyline, sondern gleich sieben, die in Europa – jede für sich – eine eigene Millionenstadt wären. Dazu: Tausende Brücken, Hunderttausende Restaurants, unzählige Palmenparks. „Das passt doch“, sagt Li Na mit Seitenblick auf den SUV. „Ich glaube, die Stadt, das Auto und ich haben einige Gemeinsamkeiten: Antriebskraft, Energie, eine gewisse Coolness, hoffe ich.“ Seit wann sie Markenbotschafterin für Mercedes-Benz ist? „Seit 2011, als ich meinen ersten Grand Slam gewann“, antwortet sie und nimmt einen Schluck aus der Wasserflasche. „Mir gefiel der Slogan: das Beste oder nichts. Das war auch meine Maxime: die Beste sein. Habe ich ja auch fast geschafft – wenn da nur nicht dieses Verletzungspech gewesen wäre.“ Sie meint ihr rechtes Knie, wegen dem sie auch die Karriere beenden musste. Mit 32. Sie hat einige Millionen Dollar Preisgelder gewonnen – und viel davon für wohltätige Zwecke gespendet.
Tennis, erzählt sie auf dem Weg zum traditionellen Viertel Hongyadong, spiele sie heute kaum noch. Sie vermisse den harten Wettkampf überhaupt nicht. Diesen Druck, immer die Stärkste zu sein. „Nach dem Laufen ein kühles Radler, das ist das Schönste. Ich genieße das Zuhausesein, relaxe, shoppe, die Familie ist meine neue Nummer Eins.“ Was war das damals für ein Gefühl, als zu Hause weit über 100 Millionen Chinesen am TV mitfieberten? Li Na parkt den GLC mithilfe der Rückfahrkamera ein. „Ach“, sagt sie, „ich habe einfach meinen Job gemacht.“ Bei Li Nas Antworten, das war auch früher so, schwingt oft eine Prise Ironie mit. Nicht zufällig war ihr erstes Vorbild der US-Amerikaner Andre Agassi mit seiner bunten Kleidung und seiner Mähne – „weil der aus der Masse der Spieler herausstach“. Als Mädchen habe sie viel von ihm gelernt, dass man Ecken und Kanten, eben Charakter haben könne. Und, fürs Tennis: Angriff ist die beste Verteidigung.
Gemischtes Doppel: Li Na am Steuer des brillantblauen GLC.
Das terrassenförmig angelegte Altstadtviertel Hongyadong am Flussufer ist eine der Ausgehmeilen Chongqings.
In Hongyadong unternimmt sie einen Spaziergang durch die engen, terrassenförmig angelegten Gassen. Ein Foto am Wasserfall mit Blick auf die Oper auf der anderen Seite des Flusses. Der Superstar, befürchten ihre Betreuer, könnte an diesem beliebten Platz von Selfiejägern entdeckt werden. In den sozialen Netzwerken verbreitet sich bereits die Nachricht, dass sie ein Fotoshooting in Chongqing hat. Aber alles bleibt ruhig.
Der Verkehr auf den bestens ausgebauten Straßen der Riesenstadt stockt zeitweise, doch er fließt. Viele Autos fahren ohne Nummernschild. Typisch Chongqing, sagen die Leute. Die Behörde komme mit den Neuzulassungen kaum noch nach. China erlebt ein rasantes Wachstum an Autos, noch allerdings besitzen nur 60 bis 70 von 1.000 Einwohnern einen eigenen Wagen. Zum Vergleich: In Deutschland oder den USA sind es 700 von 1.000. „Wir holen auf. Genau wie in vielen Sportarten“, kommentiert die gut gelaunte Li Na am Steuer des GLC und pustet sich eine Haarsträhne aus der Stirn.
Manchmal hält sie an und macht mit ihrem Smartphone selbst ein paar Fotos – „für die Familie“. Die Klimaanlage hat sie auf 22 Grad eingestellt, während das Thermometer in Richtung 40 Grad klettert. Im tropischen Sommer läuft hier nichts ohne Klimaanlage. Fragen, ob ihr die Tour zu anstrengend werde, kontert Li Na cool: „Ich bin eine Kämpferin.“
Der Tennisstar in der Millionenmetropole.
Als Tennisspielerin war sie eine Weltreisende, welche Orte mag sie außerhalb Chinas? „Kleinstädte“, antwortet sie und blickt verschmitzt. „London, Paris, Berlin. Alle Städte in Europa sind für uns Kleinstädte. Sie sind alt, ruhig, von großer innerer Ausgeglichenheit getragen. Chongqing dagegen ist eine schnelle, brodelnde Stadt, ständig in Bewegung. Ich verspüre hier eine gute, mir sehr vertraute Energie.“ Frisches Wasser wird gereicht. Li Na hat einen Snack dabei. „Getrocknete Pflaumen mit Honig und einem Hauch Salz. Bitte probieren! Aber nichts auf die Sitze fallen lassen.“
Die Fahrt von Chongqings Oper hinüber in den urigen Szenebezirk Eling Er Chang dauert etwas länger, aber sie lohnt sich. Viele Kreative, Cafés, Foodtrucks, junge Frauen mit Sonnenschirmen bestimmen hier das Straßenbild, wo früher in riesigen Fabriken Zeitungen und Geld gedruckt wurden. Am Nachmittag zieht es Li Na zurück zu ihrer Familie. Wie es war? „Ich mag den Spirit hier“, sagt sie, „es gibt so viele Facetten zu entdecken.“ Der GLC bekommt einen Klaps aufs Heck, man selbst einen kräftigen Händedruck – und ein Lächeln. „Es war mir wirklich eine große Freude!“
Sehenswert: Eling Er Chang war mal ein ödes Industrieviertel heute ist es Szenebezirk.