Geschichte freilegen.

Schließlich halten wir an Vincenzo De Cotiis’ spektakulärem Palazzo in Pietrasanta. Claudia Rose erzählt uns die Geschichte, wie es zu ihrem wurde und damit auch zu einem Projekt Vincenzos. „Als wir diesen Palazzo entdeckt haben, haben wir uns sofort in ihn verliebt“, sagt sie. „Wir waren fasziniert von den Spuren der Zeit, die sich in die Architektur eingeschrieben hatten. Wir entdeckten immer mehr Details und Farben, uns gefiel die Perfektion des ‚Unfertigen‘. Wir fanden es toll, uns in einer einzigartigen Atmosphäre wiederzufinden, umgeben von Stille und Licht. Es war fast klösterlich.“ Genau das war der Palazzo in seiner bewegten Vergangenheit. Gebaut im 18. Jahrhundert, fungierte das Gebäude als Nonnenkloster, aber auch als Sitz des Künstlers Antonio Digerini, der es besonders prägte. Kunst ist also schon seit jeher in der DNA des Palazzos fest­geschrieben. In dem großen Wohnzimmer auf der dritten Etage zieren Gemälde aus der Gründerzeit die Wände. De Cotiis ergänzte sie um eine Arbeit des Künstlers Felix Schramm, entworfen für den Ort, an dem es jetzt spannungsvoll aus der Decke zu fallen scheint.

Einzigartige Kreativität.

Vincenzo De Cotiis etablierte sich erst als Interior‑­designer. 1997 gründete er mit seiner Frau ein eigenes Unternehmen und eine Galerie, die seine „collectible designs“ vermarktet. Durch ihre skulpturale Formensprache und die besonderen Materialien, aus denen er sie baut, bekommen seine Kreationen einen unverwechselbaren Charakter.

Materialien spielen auch in der Region um Pietrasanta eine wichtige Rolle. In den Ausläufern der Apuanischen Alpen über dem nahe gelegenen Carrara wird seit dem Ende der römischen Republik Marmor für die Welt abgebaut. Das edle Baumaterial findet sich in der Stadt Pietrasanta überall. Ein Skatepark aus Marmor empfängt Besucher bereits am Stadtrand. Michelangelo besuchte Pietrasanta regelmäßig, um Marmor für seine florentinischen und römischen Werkstätten einzukaufen, genauso wie Leonardo da Vinci. Auch wohnte der kolumbianische Kunstweltstar Fernando Botero in Pietrasanta. Und eben De Cotiis selbst.

Der Architekt lehnt sich in die Couch in einem Wohnzimmer in der vierten Etage des Hauses. „Meine Frau und ich verbringen unsere Sommerferien hier, seit wir jung sind“, sagt er. „Pietrasanta ist eine ganz besondere, exklusive Perle der Toskana. Es hat eine einzigartige und magische Atmosphäre, die schwer zu beschreiben ist. Es liegt auf einem Hügel, umgeben von Bergen und alter römischer Architektur. Und ich schätze sehr, dass es kreative Menschen anzieht.“ De Cotiis’ Designs sind beliebt, oft verkauft er nicht nur einzelne Objekte, sondern die Inneneinrichtung für ganze Häuser. Diskret füllen sich Stadtwohnungen, Villen und Häuser rund um Mailand und in der Welt mit seinen Kreationen. Doch eigentlich sind sie zu wertvoll und inspirierend, als dass nur ein paar wenigen das Privileg vorbehalten ist, mit ihnen zu leben. Sie transformieren die italienische Nonchalance, ein in der DNA der italienischen Kultur verankertes Gespür für die Schönheit der Oberfläche und den Glauben an die Kreativität des Menschen. „Wir wollten ursprüngliche Materialien und Farben freilegen. Jedes neue Objekt ist auf die Umgebung zugeschnitten und ergänzt sich mit Kunstwerken anderer Künstler. Wir haben die originale Architektur mit großem Respekt behandelt und wollten möglichst viele Originalteile erhalten und restaurieren. Für meine Arbeiten habe ich viele Materialien aus der Region verwendet, wie verschiedene Arten von Cipollino und Breccia – Natursteine, die Marmor ähneln.“ Oder eben echten Marmor. „Fiberglas, recycelt und neu, Glas, Stein und Metalle fusioniere ich im Atelier. Zusammen wirkt das Objekt wie ein neues organisches Amalgam. Ich versuche, Materialien zu verschmelzen, die auf den ersten Blick zwar nicht zusammengehören, im fertigen Objekt aber eine Einheit bilden“, unterstreicht De Cotiis. „Mein Ziel ist es, etwas Zeitloses zu schaffen.“

Pur belassene Idylle.

Portofinos pur belassene Idylle wirkt wie ein platonisches Ideal. Ein Ort, der für die meisten von uns vor allem in Filmen oder Erinnerungen existiert, nicht aber in echt – wie hier. Natürlich ist all dies die perfekte Umgebung für den Mercedes-Maybach S 580, in dem sich jetzt die Abendsonne spiegelt. Das Licht bricht sich im Schwarz der Lackierung und setzt die Farben eines Regenbogens frei. Auch hier ist es die Schönheit der Oberfläche und die Tiefenwirkung, die sie entfaltet. Ähnlich wie bei Vincenzo De Cotiis’ Kunst sind es Details wie die dezente Komplexität der Materialien, die eine sinnliche Vielschichtigkeit erzeugen. Ganz so, als würden sie Geschichten erzählen. Solche, die bereits geschrieben sind, aber auch die, die noch geschrieben werden müssen – von denjenigen, die mit De Cotiis’ Kunstwerken leben, und denen, die einen Maybach fahren. Beides ist nichts anderes als eine Bereicherung.