Gemeinsam für mehr Umweltschutz.

Fabian Roschig parkt an einer engen Straße in den Hügeln von Palma, der Hauptstadt Mallorcas. Hier oben ist das Tempo ein anderes als in den Hotels und an den Stränden der Insel. Man findet, was 13 Millionen Touristen pro Jahr nicht suchen: Normalität. Nur das sattblaue Meer in der Ferne erinnert daran, dass sich diese Wohnsiedlung auf einer der beliebtesten Urlaubsinseln der Welt befindet.

In einem Bungalow liegt der Firmensitz des Non-Profit-Start-ups cleanwave.org. Roschig ist hergekommen, um Philipp Baier zu treffen, einen der Gründer. Zusammen mit über 1 800 anderen jungen Unternehmen und Gründern hat sich cleanwave.org der Plattform mallorcastartups.com angeschlossen. Fabian Roschig hat sie mitbegründet. Der Deutsche kam 2008 für einen Job hierher.

Fabian Roschig genießt das Inselleben mit der neuen B-Klasse.

Cleanwave.org: Gründer Philipp Baier (rechts) tritt für Nachhaltigkeit ein.

Die am besten vernetzte Insel der Welt.

Er arbeitet als Berater für Innovationsprojekte und Marketingstrategie. Zu seinen Kunden gehören große Konzerne – oft aus dem Tourismusbereich. Aus Monaten wurden Jahre. Irgendwann war klar: Mallorca, das ist sein neues Zuhause geworden. 

Warum auch nicht? Arbeit und Erholung lassen sich hier perfekt miteinander verbinden. Die Natur, das Klima und das Meer spielen dabei ebenso eine Rolle wie der Flughafen mit über Tausend Verbindungen pro Tag. Und eine digitale Infrastruktur, die durch Glasfaserkabel und flächendeckenden 4G-Empfang einzigartig ist. „Mallorca ist die am besten vernetzte Insel der Welt“, erklärt Roschig. „Besser als Singapur.“ Außerdem haben große Unternehmen der Tourismusbranche in Palma ihren Hauptsitz oder zumindest Dependancen installiert. Bedeutet auch: In den letzten Jahren sind viele Arbeitsplätze im Digitalsektor der Tourismusindustrie entstanden. 

Es geht nicht um Gewinn, sondern um Nachhaltigkeit.

„Eine der größten Hotelplattformen beschäftigt in Palma mittlerweile über 1 600 Mitarbeiter“, sagt Baier auf der Terrasse des Bungalows. Er weiß das, weil er für die Branche als Inhaber der Reiseagentur LifeXperiences große Firmenevents ausrichtet. Teilweise für bis zu 1 000 Menschen. Dabei beobachtete er, wie gravierend der Verbrauch von Einwegplastikflaschen war. „1,5 Millionen werden täglich auf den Balearen konsumiert und weggeworfen“, erzählt er. Nicht wenige davon landen im Mittelmeer. Zusammen mit seiner Frau Line Hadsbjerg gründete er daraufhin cleanwave.org.

Das Start-up ­bietet eine Alternative zur Plastikflasche. Gefiltertes ­Wasser wird kostenlos an Nachfüllstationen bereitgestellt. Baier begann, Hotels und Restaurants der Insel davon zu überzeugen. 

Mit Erfolg: Zu den Partnern gehören mittlerweile große Reiseanbieter und eine spanische Hotelkette. Es geht Baier dabei nicht um Gewinn, sondern um Nachhaltigkeit.

Auch der Erlös, den cleanwave.org durch den Verkauf von wiederverwertbaren Metall­flaschen einnimmt, dient der Finanzierung von Projekten wie zum Beispiel dem Dokumentarfilm „Out of Plastic“, der über die Verschmutzung der Meere durch Plastikmüll aufklärt. „‚Business with a purpose‘, also Geschäftsideen mit einem sinnvollen Ziel, ist ein Motiv, das viele Gründer antreibt, die sich auf Mallorca niederlassen“, erklärt Fabian Roschig. Baier nickt zustimmend.

Urbandrivestyle.com: Die E-Bikes des Start-ups sind praktisch und dynamisch.

Elektrisierende Verbindungen.

Nachhaltigkeit war auch ein Thema, das Ossian Vogel motivierte, als er vor gut zwei Jahren das Start-up Urban Drivestyle mit seinem Partner Thorsten Schoof gründete. Der ehemalige Hubschrauberpilot aus Bayern startete auf Mallorca einen Fahrradverleih für E-Bikes. Als immer mehr Kunden fragten, ob die Räder mit Elektromotor zu kaufen wären, beschloss er, eigene zu konstruieren. Für die Entwicklung des Uni Moke, dem ersten Produkt von Urban Drivestyle, sammelte er auf einer Crowdfunding-Plattform fast 360 000 Dollar ein. Dieser sensationelle Erfolg war der Startschuss für eine Serie von Rädern, die sich durch cooles Design und hohen Nutzwert auszeichnen.

Mallorca ist ein Melting Pot.

„Mallorca ist ein Melting Pot. Durch Touristen und Zugezogene werden unsere Bikes von Kunden aus aller Welt gefahren. Wir können unsere Produkte von Anfang an auf ein internationales Publikum zuschneidern“, erklärt Vogel. Urban Drivestyle hat mittlerweile einen zweiten Standort in Berlin-Kreuzberg aufgebaut, wo sich viele der vielversprechendsten Start-ups der deutschen Hauptstadt angesiedelt haben. Die Verantwortung dort trägt Andi Kranki, einer von Urban Drivestyles ersten Kunden. Wegen seiner Erfahrungen im Digitalgeschäft heuerte Vogel ihn aus dem Stand als Geschäftsführer an. Kranki wiederum erzählt, dass er sich nach einer Arbeit sehnte, die mit Produkten zum Anfassen zu tun hat, nicht nur mit Webseiten.

Urban Drivestyle: Der Showroom und Fahrradverleih des Start-ups ist einen Besuch wert.

Neue Arbeitswelten: die moderne Architektur im Parc Bit.

Glückliche Angestellte.

Im Norden von Palma, zwischen Olivenbaumplantagen, Mandelbäumen, grasenden Schafen und Ponys, liegt das Parc Bit. Start-ups können sich seit über 15 Jahren auf dem Gelände des Tech-Zentrums einmieten. Dort treffen wir auf Alex Rios und Sergio Cancelo, zwei der drei Gründer von Happyforce. Die beiden haben gerade einen Termin mit ihrem Kunden Habitissimo beendet. Die Plattform Habitissimo vermittelt Handwerker und ist das erfolgreichste Start-up der Insel. Vielleicht auch, weil sie Kunde von Happyforce ist. Seit 2015 misst der Service im Auftrag von Unternehmen die Zufriedenheit von Angestellten. Über eine Online-Plattform geben die anonym über ein einfaches Bewertungssystem ihr Befinden an. 

Die Möglichkeit, von überall zu arbeiten.

Geschäftsführer und Abteilungsleiter können Probleme nicht mehr unter den Teppich kehren. Wenn die Stimmung schlecht ist, sehen das alle. Über 60 Unternehmen betreut Happyforce, dessen Team über die ganze Welt verstreut ist. Nur Daniel Castro Garcia lebt hauptsächlich auf Mallorca. Alex Rios in Barcelona, Sergio Cancelo in Madrid, sieben weitere Mitarbeiter in Dänemark oder den USA. Das Arbeiten von überall, das auch Fabian Roschig die Möglichkeit gibt, auf Mallorca zu leben, machte das Start-up auf Anhieb zum Global Player. 

Myhappyforce.com: Alex Rios und Sergio Cancelo machen Angestellte glücklich.

Alaiar.com: Netzwerken im Innenhof der Finca Alaiar.

Meet-up unter Palmen.

Am Abend ist Fabian Roschig bester Laune. Die Teil­nehmerliste für das Meet-up von mallorcastartups.com ist lang. Und die frisch restaurierte Finca Alaiar bietet die besten Bedingungen für einen Abend im Zeichen des Networkings. „Man weiß nie, auf wen man auf Mallorca trifft“, sagt Roschig. „Investoren begegnet man durch Zufall am Strand. Unternehmer, die ihre Firma verkauft haben, kommen auf die Insel, um Neues zu starten.“ 

„Es ist entscheidend, zu wissen, warum ich etwas tue.“

Etwas Sinnvolles. Ähnlich wie Christian Bolz oder Gesine Haag, die zusammen mit ihrem Mann Gerry ebenfalls zum Gründerteam von mallorcastartups.com gehört.

Roschig begrüßt Gesine Haag, die zusammen mit ihrem Mann eine Agentur für digitales Marketing betreibt, im Innenhof der Finca.

Später eröffnet sie den Abend mit einem Vortrag, der das Lebensgefühl des Publikums auf den Punkt bringt: „Es ist entscheidend, zu wissen, warum ich etwas tue“, sagt sie. „Und ob ich es tue, weil ich es wirklich will.“ Kennt man die Antworten und richtet sein Leben danach aus, dann kommt alles von alleine, betont sie: erst das Glück und dann der Erfolg.

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