Eine wahnsinnig wichtige Erfindung.

Die Vollbremsung war bis zu den späten 1970er-Jahren eine der gefährlichsten Situationen, die einem im Straßenverkehr passieren konnten. Wer im Gefahrenfall voll in die Eisen stieg, erinnerte sich nur selten an den in der Fahrschule mitgegebenen Tipp mit der Stotterbremse, um zwischen den Bremsvorgängen überhaupt lenken zu können. „Das ABS war damals eine wahnsinnig wichtige Erfindung“, strahlt Frank-Werner Mohn, ehemals bei Mercedes-Benz verantwortlich für die Fahrerassistenzsysteme, „unglaublich, was das System erstmals möglich machte. Man konnte voll bremsen, dem Hindernis ausweichen und der Bremsweg war auch noch kürzer.“

Frank-Werner Mohn, ehemals bei Mercedes-Benz verantwortlich für die Fahrerassistenzsysteme, ist auch nach Jahren noch begeistert von den Fortschritten in den 1970er- und 1980er-Jahren.

ABS macht den Unterschied. Die goldene S-Klasse ist trotz Vollbremsung steuerbar. Anders sieht es mit der weißen S-Klasse ohne ABS aus.

ABS macht den Unterschied.

Gerade ist Frank-Werner Mohn aus einem goldenen Mercedes-Benz 450 SEL 6.9 ausgestiegen, bei dem die großen Lettern ABS an den Flanken strahlen. Die Luxuslimousine mit Stern war das erste Serienfahrzeug der Welt, das man ab 1978 mit Anti-Blockier-System, kurz ABS, kaufen konnte. Nebenan steht hinter einer langen schwarzen Bremsspur eine weiße Mercedes-Benz S-Klasse aus dem gleichen Jahr, ein 280 SE, der eben noch nicht mit ABS ausgestattet war. Bei der gerade durchgeführten Vollbremsung ist der „116er“ schnurgerade durch die eigens aufgebauten Schaumstoffwürfel gerutscht. An ein sicheres Ausweichen war bei blockierten Vorderreifen nicht zu denken. Das klappte erst mit dem Anti-Blockier-System, das Mercedes-Benz seinerzeit zusammen mit Bosch entwickelte hatte.

40 Jahre Fahrerassistenzsysteme im Hause Mercedes-Benz.

Bei Mercedes-Benz eine lange Tradition.

Was nach rund zehn Jahren harter Entwicklungsarbeit 1978 mit der Einführung des Anti-Blockier-Systems begann, hat bei Mercedes-Benz eine lange Tradition. Für die beiden Bereiche Vorentwicklung und Entwicklung galt es, die Autos von morgen nicht nur komfortabler, schneller oder sparsamer zu machen; der Sicherheit kam bei dem schwäbischen Autobauer seit den 1950er-Jahren eine besonders große Bedeutung zu.

Die Anfänge hierzu lagen – nicht zuletzt dank der Kreativität von Béla Barényi, von 1955 bis 1974 Leiter der Mercedes-Benz Vorentwicklung – in der Sicherheitskarosserie mit Knautschzonen, in Sicherheitslenksäulen oder Türschlössern, die sich im Falle eines Aufpralls noch öffnen ließen. Viele dieser Erfindungen wurden zum Patent angemeldet – z. B. die Sicherheitskarosserie oder das Keilzapfen-Türschloss mit Sicherheitsrasten.

Von wegen Schrecksekunde. Der Bremsassistent erkennt die Notsituation und leitet die Vollbremsung ein.

Das erste echte Assistenzsystem.

Das ABS war bei weitem nicht das erste Sicherheitssystem, wohl aber das erste digitale Assistenzsystem, das in ein Serienauto Einzug hielt. Einen nennenswerten Zugewinn bei der Sicherheit brachte 1996 die Einführung des Bremsassistenten BAS. Wenn die Steuergeräte des Autos erkannten, dass der Fahrer ruckartig vom Gas ging und schnell die Bremse trat, wurde eine Gefahrensituation antizipiert und automatisch der maximale Bremsdruck aufgebaut, um die Verzögerung zu maximieren.

ASD und ASR.

Was mit der intelligenten Verzögerung einzelner Räder im Falle einer Notbremsung begann, wurde bei Mercedes-Benz Mitte der 1980er-Jahre konsequent weitergeführt. Die nächsten Assistenzsysteme ASD und ASR dienten jedoch nicht der Unterstützung des Fahrers bei einer Vollbremsung, sondern während der Fahrt. Das Automatische Sperrdifferential (ASD) verhindert die Ausgleichsbewegung des jeweils anderen Rads im Differential durch eine Lamellensperre, wenn die Elektronik bemerkt, dass eines der Antriebsräder die Haftung verliert. Noch einen Schritt weiter ging die Antriebs-Schlupf-Regelung (ASR): Besonders auf rutschigem Untergrund oder bei der Bergfahrt auf Eis und Schnee sorgte das Assistenzsystem für einen großen Schritt in Richtung Fahrsicherheit. Drehte ein Rad auf rutschiger Fahrbahn durch, wurde es gezielt abgebremst. 1985 führte Mercedes-Benz in den Limousinen und T-Modellen der Baureihe 124 den sich automatisch zuschaltenden Allradantrieb 4MATIC ein, der mit automatisch betätigten Sperren des Zentraldifferentials und des Hinterachsdifferentials ausgerüstet war.

ASD und ASR sorgten für mehr Sicherheit speziell beim Anfahren auf rutschigem Untergrund.

Das lebensrettende Sicherheitssystem.

Den größten Sprung gab es jedoch schließlich im Jahr 1995, als Mercedes-Benz in den Acht- und Zwölfzylindermodellen der S-Klasse, des SL und der E-Klasse erstmals das Elektronische Stabilitäts-Programm einführte. Das ebenfalls zusammen mit Bosch entwickelte ESP unterstützt den Fahrer in fahrdynamisch kritischen Situationen, bremst gezielt ein oder mehrere Räder ab und passt dabei gegebenenfalls sogar das Motordrehmoment an. Als die erste Generation der Mercedes-Benz A-Klasse 1997 beim Ausweichtest (dem sogenannten Elchtest) kippte, erhielt sie das lebensrettende Sicherheitssystem als Sofortmaßnahme. Im Herbst 1999 wurde ESP im gesamten Pkw-Modellprogramm der Stuttgarter in die Serienausstattung übernommen.

Zuerst in der S-Klasse.

Dr. Anton van Zanten hatte das System in den 1980er-Jahren bei Bosch entwickelt und zusammen mit ABS-Erfinder Heinz Leiber, bei Daimler von 1985 bis 1996 verantwortlich für Elektrik und Elektronik, in die Fahrzeuge mit dem Stern gebracht. „Das System hieß bei Bosch zunächst FDR, was für Fahr-Dynamik-Regelung stand“, blickt van Zanten zurück, „der Name Elektronisches Stabilitäts-Programm stammt von Mercedes-Benz. Wir haben es zuerst in die S-Klasse und den SL gebracht, später dann auch in alle Modellreihen. Die Entwicklungen haben rund zehn Jahre gedauert und zunächst wollte es keiner der Autohersteller, bis Mercedes-Benz schließlich zugriff. Doch ich war die ganze Zeit überzeugt davon, dass ESP das Autofahren sicherer macht und auch im Grenzbereich für einen stabilen Fahrzustand sorgt.“

Dr. Anton van Zanten entwickelte den Schleuderverhinderer ESP bei Bosch und brachte ihn mit Mercedes-Benz Entwickler Frank-Werner Mohn in Serie.

Kaum ein Autohersteller hat sich um die Sicherheit der Autos derart verdient gemacht wie Mercedes-Benz mit seinen zahllosen Innovationen.

Besonders innovativ.

Seit den 1990er-Jahren haben sich die Entwicklungen im Bereich der Fahrerassistenzsysteme vehement beschleunigt. Viele der wichtigsten Innovationen der letzten 25 Jahre stammen dabei von Mercedes-Benz. Besonders innovativ präsentierten sich dabei das vorausschauende Insassenschutzsystem PRE-SAFE sowie klassische Assistenzsysteme wie der Abstandsregeltempomat DISTRONIC, der Totwinkel- und Spurhalteassistent oder der Müdigkeitswarner ATTENTION ASSIST. Heute sind alle diese Systeme mit ihren stetig erweiterten Funktionsumfängen bis hin zum teilautomatisierten Fahren eng miteinander vernetzt und unter einem gemeinsamen Begriff zusammengefasst: Mit Mercedes-Benz Intelligent Drive kommt die Marke mit dem Stern der Vision vom unfallfreien Fahren jeden Tag ein Stück näher.