Vor 30 Jahren feierte die S-Klasse der Baureihe W 140 auf dem Genfer Automobilsalon 1991 Premiere. Eine S-Klasse, wie diese kaum jemand erwartet hatte, denn sie setzte völlig neue Maßstäbe in Sachen Design, Komfort- und Sicherheitsausstattung. Kein Wunder also, dass Medien und Publikum nur so zum Messestand von Mercedes-Benz strömten.
Auch in den Wochen und Monaten nach der Weltpremiere am Lac Léman blieb das neue Topmodell im Rampenlicht. Eine S-Klasse von Mercedes-Benz als Fernsehstar? Das war weder in den USA noch in Europa etwas wirklich Neues. Doch dass es das Luxusmodell und der Namensgeber eines gesamten Segments so kurz nach dem Marktstart als Hauptdarsteller in die abendlichen Nachrichten schaffte, war dann doch mehr als ungewöhnlich.
Die Bilder der dunklen S-Klasse vom Zug-Verladepunkt Niebüll gingen durch die Medien. Das neue Topmodell aus Sindelfingen sollte es nicht auf den Sylt-Shuttle schaffen. Oftmals zitiert, doch schlichtweg eine Ente. In der Realität war das Luxusmodell nicht zuletzt wegen seiner anklappbaren Außenspiegel gar nicht zu breit; einzig die Reifen waren für die Führungsschienen ebenso wie bei einigen anderen Luxusmodellen bis zur Umrüstung der Bahn-Waggons an der Grenze.
Schließlich bildete die Baureihe W 140 den neuen Maßstab, was in Sachen Automobilbau Anfang der 1990er-Jahre möglich war. Die neue S-Klasse Generation war im Jahre 1991 das Urmeter der Luxusklasse; für viele gilt das bis heute. Nicht, dass das Vorgängermodell W 126 in seiner seit 1979 andauernden Bauzeit kein Erfolg gewesen wäre – ganz im Gegenteil. Und das klassische Design des 126ers verzückt bis heute nicht nur Sternenfans in aller Welt. Doch mit dem W 140 landete Mercedes-Benz technologisch wie stilistisch in einer völlig anderen Liga.
Dabei war die 1991er S-Klasse mit ihren kantig-markanten Formen innen wie außen und der Hightech-Ausstattung mehr als jedes andere Modell der Schwaben das Maß der Dinge, was auf vier Rädern möglich war. Bis heute sind Ausstattungsdetails wie die bei der Rückwärtsfahrt ausfahrbaren Chrompeilstäbe der Ursprungsgeneration, die Zuziehhilfe des Kofferraums oder die erstmalig verbaute Doppelverglasung Legenden des Automobilbaus.
Mit der S-Klasse gab es unter Vorstandschef Werner Niefer nicht nur Sicherheits- und Komfortdetails, die zuvor niemand für möglich gehalten hatte, sondern auch einen Auftritt, der mehr denn je ein Zeugnis seiner Zeit war. Anfang der 1990er-Jahre schien alles möglich und nicht allein in den USA wurde der Begriff „only the sky is the limit“ geboren. Da passt der W 140er mit dem selbstbewussten Design, den üppigen Leuchteneinheiten vorne wie hinten und entsprechenden Proportionen geradezu perfekt. Und endlich gab es einen Mercedes-Benz mit einem imageträchtigen V12-Triebwerk, der Krone der automobilen Motorenschöpfung. Zahlreiche Detailverbesserungen und die guten Verkaufszahlen der Vorgängergeneration W 126 sorgten dafür, dass sich das Entwicklungsteam letztlich sogar fast zwei Jahre mehr als geplant nehmen durfte.
Die neue S-Klasse, in den beiden Standardvarianten SE und SEL 5,11 beziehungsweise 5,21 Meter lang, kam anders als geplant nicht auf dem Genfer Automobilsalon oder der IAA 1989, sondern erst im Jahre 1991 auf den Markt.
Erstmals war in einem Modell von Mercedes-Benz ein visionäres CAN-Bus-System zur Vernetzung aller elektronischen Komponenten verbaut. Zudem gab es ab der Modellpflege im Jahre 1995 weitere Annehmlichkeiten wie das Navigationssystem Auto-Pilot-System APS, das elektronische Stabilitätsprogramm ESP, die Einparkhilfe Parktronic, die die Peilstäbe ersetzte, das Sprach-Bediensystem Linguatronic oder ab 1997 das Notrufsystem TELE-AID. Kurz zuvor waren im Rahmen von technischen Überarbeitungen Sicherheitsdetails wie der Brems-Assistent BAS, die automatische Gurthöhenverstellung, Sidebags für Fahrer und Beifahrer sowie Xenon-Scheinwerfer mit automatischer Leuchtweitenregelung eingeführt worden.
Aushängeschild und bester Beweis für deutsche Ingenieursqualität war das Topmodell 600 SEL, dessen V12-Saugmotor anfangs mit 300 kW / 408 PS und einem gewaltigen Drehmoment von 580 Newtonmetern startete. Damals unglaublich, dass mit 500 Newtonmetern ein Großteil der Kraft bereits ab niedrigen 1.600 Umdrehungen zur Verfügung stand. Wer nicht weiß, wie viel entspannte Lässigkeit gepaart mit grandioser Souveränität hinter dem Steuer bedeutet, muss es probieren und ist heute, 30 Jahre nach der Weltpremiere, vom Triebwerk mit der internen Bezeichnung M 120 E 60 nach wie vor begeistert. Der Katalysator fasste stattliche sieben Liter und reduzierte den Mehrverbrauch auf ein Minimum. Besonders beliebt war der ebenfalls legendäre 500 SE / SEL, dessen Vierventiler vom Typ M 119 E 50 stattliche 240 kW / 326 PS leistete und damit nennenswert mehr als die Zwölfzylinder der ohnehin dünnen Konkurrenz.
Neben den beiden Aushängeschildern 500 SE / SEL und 600 SEL gab es noch die kleinen V8-Brüder der 400er-Serie und die Einsteiger mit sechs Zylindern, die je nach internationalem Markt als 300 SE, 300 SE 2.8 sowie später als S 280 und S 320 angeboten wurden. Später gab es die S-Klasse der Generation W 140 erstmals auch in Europa als Turbodiesel, denn die 300er SD / 300 SDL waren zuvor nahezu ausschließlich in den USA und hier speziell in Kalifornien in den Generationen W 116 und insbesondere W 126 angeboten worden. Nunmehr hatten kostenbewusste Vielfahrer und speziell die Märkte in Südeuropa auch die Möglichkeit, besonders sparsam mit Modellen wie 300 SD, S 300 TD und später S 350 TD mit Selbstzündertechnik unterwegs zu sein.
Von den insgesamt 406.717 S-Klasse der Generation W 140 wurden 28.101 Dieselversionen ausgeliefert.
So imposant die in Sindelfingen montierte Baureihe W 140 von außen war, so grandios präsentierte sie sich auch im Innern. Der Sitzkomfort verdient das Prädikat konkurrenzlos, das Platzangebot in der SEL Variante ebenfalls. Auf besonderen Wunsch gab es nicht nur vollelektrische Ledersitze, sondern auch eine Einzelsitzanlage im Fond mit elektrischen Jalousien rundum.
Nicht nur Schauspieler, Präsidenten und Könige, sondern auch Geschäftsleute mit Chauffeur genossen im Fond einen von hinten verstellbaren Beifahrersitz, ausfahrbare Klapptische, ein oder zwei Funktelefone und sogar ein Faxgerät in der Mittelarmlehne. Eine getrennte Klimaregelung im Fond ließ sich unter anderem um ein TV-Gerät oder einen Kühlschrank erweitern. Schutzbedürftige Personen bestellten die neue S-Klasse als Sonderschutzversion mit B6-/B7-Schwerpanzerung oder gar als Pullman-Variante. Besonders exklusiv: die offene Landaulet-Version für den Vatikan und seine päpstliche Hoheit Johannes Paul II. Bereits vor seinem 30. Geburtstag war der W 140 ein begehrter Youngtimer. Dabei stehen gerade die Achtzylinderversionen 500 SE / 500 SEL sowie spätere S 500 hoch im Kurs bei den Klassikfans. Immer mehr W 140 werden in den nächsten Jahren ein H-Kennzeichen bekommen und sind somit fit für die Zukunft.