Siebzehn Jahre Laufzeit im Rückblick.

Mehr als genug Stoff für eine spannende Automobilstory liefert der Mercedes-Benz 170 V (W 136). Es gibt in insgesamt siebzehn Jahren drei Hauptkapitel.

Ihre knappen Überschriften: Verkaufsschlager der Vorkriegszeit; Überleben in dunklen Jahren; Wiederaufbauhelfer nach dem Krieg. 

Große Auswahl: Schon beim Produktionsstart des 170 V im Frühjahr 1936 sind ab Werk sechs Pkw-Karosserieausführungen bestellbar. Hinzu kommt ein Kastenwagen als Nutzfahrzeugvariante. 

Pritschenwagen auf Basis des 170 V stehen nach dem Zweiten Weltkrieg am Anfang der erneuten Produktion.

Wiederaufbauhelfer nach dem Krieg.

Fangen wir beim jüngsten Kapitel an: 1945, der Zweite Weltkrieg ist zu Ende, Deutschland liegt in Trümmern – doch es wird aufwärts gehen. Stuttgart gehört zur amerikanischen Besatzungszone. Schon im November 1945 erteilt die Wirtschaftsbehörde der damaligen Daimler-Benz AG die Produktionserlaubnis für dringend benötigte Pritschenwagen, Kastenwagen und Krankenwagen. Sie werden dazu beitragen, das Überleben der Bevölkerung zu sichern. Das Basisfahrzeug: der 170 V, eine überaus bewährte Vorkriegskonstruktion. 

Nutzfahrzeuge mit Sparstoffkarosserie.

Die Rahmenbedingungen 1945 sind schwierig: Material ist Mangelware, Gebäude sind zerstört, nur wenige funktionsfähige Maschinen vorhanden. Doch unter großen Anstrengungen gelingt der Produktionsanlauf. Im Mai 1946 verlässt das erste Fahrzeug das Werk Sindelfingen, ein Pritschenwagen. Das Fahrerhaus besteht aus Holzfaser-Hartplatten. 

Diese „Sparstoffkarosserie“ haben zunächst alle Nutzfahrzeuge auf Basis des 170 V, die in der kommenden Zeit gebaut werden. Wer eines ergattert, ist überaus privilegiert – egal, welche Variante es ist. Und jeder damals hergestellte 170 V transportiert zugleich die Hoffnung auf eine erneut bessere Zeit.

Werk Sindelfingen: Produktion, Montage- und Fertigstellungsband der Typen 170 V und 170 S im Jahr 1950.

Erneut als viertürige Limousine.

Langsam normalisiert sich das Leben. Auch für Mercedes-Benz. Nachdem die Wirtschaftsbehörde der US-Besatzungszone im Frühjahr 1946 die Produktionslizenz auf Personenwagen erweitert hatte, wird ab Mitte 1947 die viertürige Limousine des 170 V wieder gebaut. Da hat der 170 V hat noch ein paar Jahre vor sich. Erst 1953 endet seine Epoche endgültig. 

Überleben in dunklen Jahren.

Blicken wir im Kapitel 2 weiter zurück in die Vergangenheit. 1942 tobt der Weltkrieg bereits seit drei Jahren. In Deutschland können Zivilnutzer schon lange kein Auto mehr kaufen. Produziert wird ausschließlich für kriegswichtige Verwendung. Daimler-Benz stellt die Pkw-Fertigung und damit auch die des 170 V im November 1942 vollends ein.

Ein Erfolg auf Basis seiner herausragenden Eigenschaften: der 170 V. 

Mobilität der Mangelzeit: der 170 V mit Holzgasanlage G 136.

Mobilität mit Holzgasanlage.

Doch die Fahrzeuge leben, sie sind wichtige Mobilitätsträger und werden weiter betrieben, so wie es nur geht. Allerdings ist Benzin kaum zu bekommen. Doch es gibt eine Alternative. Und so beginnt 1943 in Gaggenau die Produktion der für den 170 V entwickelten Gaserzeugungsanlage G 136 für die Umrüstung vorhandener Fahrzeuge. Schön sehen sie damit nicht aus, doch der Zweck heiligt manchmal die Mittel. Motor und Mechanik bleiben unangetastet. Statt Benzin verfeuert der Motor aus Holz hergestelltes Brenngas. Mit einer Füllung von 24 Kilogramm Holzkohle legt ein damit ausgerüstetes Fahrzeug 100 bis 130 Kilometer zurück. Ein kurzer Blick voraus in die Zeit nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs: Auch da ist Benzin zunächst wieder knapp, Holz dagegen verfügbar. Daher wird die Holzgasanlage ab Januar 1946 erneut hergestellt.

Verkaufsschlager der Vorkriegszeit.

In Kapitel 3 schauen wir nun auf die Anfänge des 170 V. Es ist das Jahr 1936, und Mercedes-Benz stellt auf der Internationalen Automobil- und Motorrad-Ausstellung (IAMA) vom 15. Februar bis 1. März 1936 in Berlin die grundlegende Neukonstruktion der Baureihe W 136 vor. Der moderne 170 V lässt seinen Vorgänger 170 (W 15) unter anderem mit seinem laufruhigen Vierzylindermotor, dem komfortablen Fahrwerk und einer modernen, fließenden Linienführung klar hinter sich. Die Kunden erkennen die erheblichen Vorteile und greifen zu: Der 170 V erfreut sich großer Beliebtheit.

Zum Erfolg trägt auch die große Variantenvielfalt bei. Denn Mercedes-Benz bietet den 170 V bereits vom Start weg in sechs Ausführungen an: Limousine mit zwei und vier Türen, Cabriolet-Limousine, offener Tourenwagen mit zwei Türen (1938 abgelöst von der viertürigen Version), Cabriolet B und zweisitziger Roadster. Im Mai 1936 ergänzt das sportlich-elegante Cabriolet A die üppige Modellauswahl. Als Nutzfahrzeugvariante gibt es zudem einen Kastenwagen.

Erfolgstyp: Der 170 V wird von der Fachpresse als ausgeglichenste Konstruktion des internationalen Automobilbaus auf dem Gebiet der Leichtwagen gelobt.

Kompakter Transporter: Neben sechs Pkw-Ausführungen gibt es einen Kastenwagen.

Von keinem Vorkriegs-Pkw mehr Fahrzeuge gebaut.

Die Summe seiner Eigenschaften macht den 170 V zu einem echten Erfolgstypen. Bis November 1942 werden 91.048 Exemplare hergestellt. Damit ist er der bis dahin erfolgreichste Personenwagen der Marke mit dem Stern. In der unmittelbaren Nachkriegszeit bis 1953 kommen noch einmal 49.367 Fahrzeuge hinzu. 

Einschließlich der Dieselmodelle 170 D und 170 Db sind es sogar 83.190 Exemplare. Dann bricht mit den „Ponton“-Limousinen eine vollkommen neue und ebenfalls erfolgreiche Ära an.